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Description:
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Damals. In diesem ersten, stürmischen, bergigen Jahr als Zwillingsmama. Inmitten eines Alltags mit zwei Babys, der mich regelmäßig um den Schlaf und den Verstand brachte. Damals habe ich mir manchmal heimlich gewünscht, die Zeit würde schneller vergehen.
Komm schon, nur eben diese ersten harten drei Monate aushalten, bis sie etwas ruhiger werden. Ach bitte, vielleicht schlafen sie besser, wenn sie erst krabbeln können. …Eltern hegen zuweilen seltsame Hoffnungen. Wenn nur erst alle Zähne da wären. Wenn nur…
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Und noch während meine Sehnsüchte in die Zukunft galoppierten, mahnte mich das kollektive Elternwissen, den Augenblick zu genießen. Sie werden so schnell groß. Den Augenblick mit zwei brüllenden Babys und zu wenigen Armen. Den Augenblick vor der Fensterscheibe des gemütlichen Cafés an der Ecke, in dem eine Mutter ihr eines Kind auf den Knien balanciert und nebenbei einen Kaffee trinkt, während ich keine Minute lang stehen bleiben kann, weil sonst im Kinderwagen der Protest anhebt. Jede rote Fußgängerampel ein Adrenalin-Leuchtfeuer.
Kleine Kahlköpfe – das war einmal…Also schnell auch noch den Augenblick mit den Babys genießen. Ich habe das geschafft. Nicht immer. Natürlich nicht. Und trotz aller Anstrengungen habe ich auch die Babyzeit genossen. Das erste Jahr mit Zwillingen oder auch „nur“ mit einem Baby pustet uns Eltern ja einen kindlichen Quantensprung nach dem nächsten um die Ohren. Lächeln, Greifen, Kopf alleine halten, auf den Rücken kullern – und zurück, Robben, Sitzen, Krabbeln, aus Versehen mal länger als drei Stunden am Stück schlafen – das Trommelfeuer der Entwicklungsschritte spuckt uns Meilensteine vor die Füße, dass wir vor lauter Erstaunen, Entzücken und Aufregung anfangen zu steppen.
Alles schön und gut, schließlich beschäftigen wir uns ja brav mit den viel gefürchteten Schüben, wälzen einschlägige Literatur dazu damit ein jeder auch verstehe, was den Nachwuchs – und damit auch uns – aktuell mal wieder emotional kopfstehen lässt. Ja, ja, sie werden so schnell groß.Ich muss gestehen, dass ich die ersten beiden Jahre meines Mamalebens dazu bestenfalls lächelnd nicken konnte. Doch es war ein Nicken ohne Echtheitszertifikat.
Die Tage waren lang
Klar, die frühkindliche Entwicklung marschierte munter voran, aber so richtig mit Wehmut und mütterlichen Schreckensgefühlen vermochte ich die Phrase nicht anzufüllen. Nicht, weil ich mich dauerhaft nach mehr Eigenständigkeit der Kinder oder gar ihrem Auszug sehnte. Doch kamen mir die Wochen und Tage mit zwei Babys beziehungsweise Kleinkindern meistens alles andere als kurz vor. Es war nun mal so, ich nahm wahr, wie sie lernten, sich munter entwickelten und war begeistert über all ihre Schritte. Und Abstürze. Zumindest über den vorhergehenden Mut.
Seit einigen Monaten allerdings habe ich das Gefühl, dass die Entwicklung der Zwillbos mit jeder Woche
Von Babys keine Spur mehr.an Tempo aufnimmt. Sie sprechen Sätze, deren Worte ich schon gar nicht mehr zähle, weil ich nicht mitkomme. Sie stellen mir Fragen, deren Masse und Tiefgang mir definitiv längst eine Wespentaille verpasst haben müsste, wenn es wirklich möglich wäre, dass einem jemand Löcher in den Bauch fragt. Ist es nicht, das wäre wohl bereits anhand einiger Eltern widerlegt.
Nahezu jede Woche frage ich mich morgens, wenn einer oder beide meiner Söhne gleichzeitig auf nackten Füßen in die Küche getapst kommen, wer zum Kuckuck diese beiden großen Kerle sind!? Ich versuche bei jeder Gelegenheit, ihre Gesichter ganz genau zu studieren, sie mir einzuprägen und gleichzeitig zu begreifen, wie um alles in der Welt sie sich scheinbar über Nacht so sehr verändern können.Vermutlich fragen sich die Zwillbos zuweilen, warum ihre Mutter sie so seltsam anstarrt. Auch das ist der Realisierungsstau, der mich seit der Schwangerschaft immer wieder heimsucht. Ihr Entwicklungsprozess ist einfach zu rasant für mein müdes Mutterhirn.
Keine Babys mehr
Die Kinder sind jetzt etwas mehr als zweieinhalb Jahre alt, und nun kenne ich dieses Gefühl. Ich kann die Aussage mit Leben füllen und all meine Inbrunst und Überzeugung hineinlegen, wenn ich sage: „Sie werden so schnell groß!“ Und: „Das geht mir zu schnell!“. Denn bei aller Begeisterung über ihre täglich wachsenden Fähigkeiten: Es gibt kaum mehr Aspekte, die mich über die Tatsache hinwegtäuschen können, dass meine Babys fort sind. Für immer.
Mama ist die Basis. Aber anders.Sie sind langbeinige Jungs, die neugierig und lebenshungrig durch diese Welt marschieren. Die mich natürlich noch immer brauchen. Doch längst nicht mehr so wie früher. Sie brauchen mich anders. Das, was sie sich aktuell an Nähe einfordern, ist quasi nur noch ein Bruchteil dessen, was es mal war. Freud und Leid liegen oft so nah beisammen.
Ich bin immer noch ihre Basis. Aber ihre Umlaufbahn wird merklich weiter. Andere Planeten gewinnen an Wichtigkeit. Manchmal muss ich den Atem anhalten, um sie nicht aus lauter Egoismus ein klein wenig auszubremsen und zurückzuhalten. Ich muss innehalten, mich sammeln und sie unterstützen, sie hinaus in die Welt lassen, immer mehr. Und gleichzeitig verabschiede ich mich Tag für Tag ein Stückchen mehr von den kleinen, wankenden Windelpupsern, die sie mit jedem Atemzug ein kleines bisschen weiter hinter sich lassen.
Kennst Du schon meinen Gastbeitrag, der auf “Stadt, Land, Mama” erschienen ist? Du findest ihn hier…
Der Beitrag Meine Babys sind verschwunden… erschien zuerst auf doppelkinder. |